wea-und-solarstrom

 

Solarpaneele an Windkrafttürmen: Machbarkeit, Effizienz und Regulierung (Stand 2020–2025)

1. Abmessungen von Windkraftanlagentürmen und nutzbare Turmfläche
Moderne Windkraftanlagen sind imposante Bauwerke. Onshore-Windturbinen (an Land) erreichten bis 2024 durchschnittlich etwa 142 m Nabenhöhe (Turmhöhe bis zur Rotorachse) und 146 m Rotordurchmesser. Offshore-Turbinen (auf See) weisen ähnlich große oder noch höhere Dimensionen auf. Die Türme sind typischerweise als sich nach oben verjüngende Stahlrohrtürme oder Hybridtürme (unten Beton, oben Stahl) ausgeführt. In Tabelle 1 sind exemplarisch die Maße einiger Windturm-Typen aufgeführt:

Tabelle 1: Beispiele für Windkrafttürme (Onshore/Offshore) mit Höhe, Durchmesser und geschätzter Turmfläche

Turbine (Typ)
Nabenhöhe (m)
Durchmesser am Turmfuß (m)
Durchmesser an Turmspitze (m)
Turm-Oberfläche (≈ m²)
Vestas V90 – 2 MW (Onshore)
103–105
5,65
~2,5 (geschätzt)
~1.300 (geschätzt)
Enercon E-138 – 5 MW (Onshore)
156
8,73
3,22
~2.900 (Hybridturm)
GE Haliade-X – 12 MW (Offshore)
~150
~8–10
~5–6
~3.000 (Stahlturm)
Quellen: Enercon E-138 EP3 E2 Daten, Vestas V90-Holzturm, Offshore-15-MW-Referenz.

Die nutzbare Außenfläche eines zylindrischen oder konischen Turms ergibt sich näherungsweise aus Umfang × Höhe. Ein 100 m hoher Turm mit ∼4 m Durchmesser hat z.B. rund 100 m × (π×4 m) ≈ 1.250 m² Fläche. Bei größeren Anlagen (150 m Turm, ~8 m Fuß-Durchmesser) sind Flächen um 2.500–3.000 m² erreichbar. Allerdings ist nicht die gesamte Turmfläche für Solarmodule geeignet – Öffnungen, Leitern, Logos oder Anbindungen müssen freibleiben. Zudem ist die Nordseite wenig besonnt. Praktisch würde man Module vor allem auf den sonnenzugewandten Turmseiten anbringen (z.B. Südost bis Südwest). Gleichwohl bieten Windrädertürme Hunderte bis Tausende Quadratmeter potenzielle PV-Fläche.

2. Technische Machbarkeit einer PV-Verkleidung zylindrischer Türme
Das Anbringen von Solarmodulen auf der gekrümmten Oberfläche eines Turms ist technisch möglich, erfordert aber spezielle Photovoltaik-Technologien. Herkömmliche starre Glasmodulen sind für gekrümmte Flächen ungeeignet, da sie sich nicht an die Rundung anschmiegen. Stattdessen kommen flexible oder anpassungsfähige PV-Lösungen in Betracht:

Dünnschicht- und Folienmodule: Ultraleichte Solarbänder oder -folien können direkt auf die Turmwand geklebt werden. Beispielsweise hat Acciona 2019 an einem Nordex-Turm in Spanien 120 organische Solarfolien (OPV) angebracht. Diese nur ~1 mm dünnen flexiblen Module auf Kohlenstoff-Basis passten sich der Turmkrümmung an und lieferten 9,36 kWp Leistung auf ca. 50 m² Fläche. Auch im österreichischen Burgenland wurde 2020 erstmals ein Windrad-Turm mit biegsamen PV-Folien beklebt.
Flexible Leichtbau-Module: Einige Hersteller (z.B. DAS Energy aus Österreich) produzieren glasfreie Module, bei denen Siliziumzellen in eine leichte, biegesteife Kunststoff-Verbundplatte eingebettet sind. Solche Module (nur ~2 mm dick) können mit moderater Krümmung am Turm befestigt werden. Sie wiegen lediglich ~3,3 kg/m² (herkömmliche Glasmodule ~20 kg/m²) und eignen sich somit für Tower-Cladding. Bei dem Pilotprojekt in Weiden am See wurden 30 solche flexiblen Leichtbaumodule über Spezialkleber auf den Turm geklebt.
Bauwerkintegrierte PV (BIPV): Prinzipiell könnten auch gebogene Sondermodule (z.B. gebogene Glas-Glas-Module) verwendet werden. Diese wären jedoch schwer und teuer. Effizienter ist es, vorhandene flexible PV-Technik aus der Fassaden- und Folien-PV zu nutzen.
Konstruktiv eignen sich also vor allem organische Photovoltaik (OPV) und glaslose Dünnschicht- oder Silizium-Module. OPV-Folien bieten extreme Flexibilität und geringes Gewicht, haben aber (noch) niedrigere Wirkungsgrade (~8 %). Flexible Silizium-Module erzielen höhere Leistung pro Fläche (~15–20 % Wirkungsgrad) bei immer noch geringem Gewicht und Biegsamkeit. Durch Klebe- oder Spanntechniken lassen sich diese Module flächig am runden Turm befestigen, ohne die Aerodynamik wesentlich zu stören (sie liegen eng an). Erste Demonstrationen – wie das hybride Windrad von Energie Burgenland – bestätigen die Machbarkeit: „Ein mit biegsamen Photovoltaikzellen beklebter Turm einer Windkraftanlage ermöglicht die hybride Energiegewinnung“.

3. Auswirkungen auf Statik, Eigenlast und Aerodynamik
Die zusätzliche Belastung eines Windturms durch PV-Module ist vergleichsweise gering, muss aber ingenieurtechnisch bewertet werden. Wichtige Aspekte sind:

Gewichtszunahme: Dank Leichtbaumodulen fällt das Zusatzgewicht klein aus. Flexible PV-Folien wiegen z.B. nur ~3–4 kg/m² – fünfmal leichter als Standardmodule. Selbst wenn man große Flächen beklebt (z.B. 200 m² → ~600 kg), ist dies marginal gegenüber der Turmmasse von oft mehreren hundert Tonnen. Die Statik (Tragfähigkeit) des Turms wird dadurch kaum beeinträchtigt. Wichtig ist allerdings die Verbindungsfestigkeit: Die Klebe- oder Befestigungslösungen müssen dauerhaft halten. In Österreich wurden z.B. Spezialklebstoffe verwendet, die ohne Bohren/Schrauben auskamen und vom Hersteller eine 10-Jahres-Garantie erhielten. Dadurch wurde die Turmstruktur nicht durch Bohrlöcher geschwächt.
Windlast und Aerodynamik: Ein glatter Rundturm hat ein gutmütiges Strömungsverhalten. Aufgeklebte, flach anliegende PV-Folien verändern die Aerodynamik nur minimal – sie wirken wie Teil der Außenhaut. Etwas hervorstehende Module könnten jedoch zusätzliche Turbulenzen oder eine raue Oberfläche erzeugen. Daher sollten Module möglichst bündig angebracht werden. Die Windlast auf die Module selbst muss deren Befestigung aushalten (Sog und Druck durch Sturm). Das wurde in Pilotprojekten berücksichtigt: Die dünnen Folien bieten wenig Angriffsfläche und wurden bis max. 40 m Höhe verklebt (die Windlast steigt mit Höhe). Auch die Schwingung des Turms (durch Böen, Rotorrotation) ist ein Punkt: Die Module und Verklebungen müssen dynamische Belastungen verkraften, dürfen aber ihrerseits das Schwingungsverhalten nicht kritisch beeinflussen. Bislang gab es keine Berichte über nachteilige Effekte; die Module fungieren quasi als „zweite Haut“. Eventuell könnten sie sogar dämpfend wirken, was aber noch untersucht werden muss.
Normen und Sicherheit: Änderungen an Windenergieanlagen unterliegen strengen Auflagen. In Deutschland gilt z.B. die Baugenehmigung bzw. das Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) für große Anlagen – jede bauliche Veränderung erfordert eine Prüfung, ob die Standsicherheit (nach DIN EN 61400-1 und den Richtlinien des DIBt) weiterhin gewährleistet ist. Insbesondere muss ausgeschlossen werden, dass sich Teile lösen und herabfallen. Die eingesetzten Module sind daher wetterfest verkapselt und fest mit dem Turm verbunden. Auch der Blitzschutz ist wichtig: Windräder werden häufig vom Blitz getroffen; die PV-Elemente müssen in das Erdungskonzept integriert oder so leitfähig verbunden sein, dass Blitzströme sicher abgeleitet werden, ohne Module zu zerstören. In den Pilotanlagen wurde dies berücksichtigt (Angabe der Betreiber), z.B. indem die Folienmodule elektrisch leitend mit der Turmwand verbunden wurden.
Insgesamt zeigen die bisherigen Erfahrungen, dass leichte, flächige PV-Beläge die Struktur eines Windradturms nicht wesentlich kompromittieren. Die Anforderungen an Befestigung und Materialfestigkeit sind jedoch hoch – vergleichbar mit Fassaden-PV an Hochhäusern, nur dass hier zusätzlich die Turmvibrationen und höhere Windgeschwindigkeiten auf 100 m Höhe zu beachten sind. Vor einem breiten Einsatz müssten umfangreiche Prüfungen (Windkanaltests, Dauerschwingtests, Berechnungen nach IEC 61400) erfolgen, um die Sicherheit nachzuweisen. Erste Projekte deuten aber darauf hin, dass statik- und strömungstechnisch keine unlösbaren Hindernisse bestehen.

4. Genehmigungsrechtliche Rahmenbedingungen in Deutschland
Die rechtliche Zulässigkeit, einen bestehenden oder neuen Windkraftturm mit PV zu verkleiden, hängt von verschiedenen Gesetzen und Verordnungen ab:

Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG): Große Windenergieanlagen (>50 m Höhe oder >100 kW Leistung) benötigen eine BImSchG-Genehmigung. Eine solche Genehmigung umfasst das gesamte Anlagendesign. Das Anbringen von PV-Modulen am Turm könnte als Änderung einer genehmigungsbedürftigen Anlage gelten. Ist die Änderung wesentlich (z.B. Erhöhung der Anlagengesamthöhe, geänderte Immissionen), wäre ein Genehmigungsverfahren oder zumindest eine Änderungsanzeige nötig. Wahrscheinlich würde die Behörde PV-Module am Turm als geringfügige Änderung einstufen – vorausgesetzt, es gibt keine negativen Umweltwirkungen. Aspekte wie Blendwirkung (Reflexionen der Sonne von PV-Modulen) müssten geprüft werden, um z.B. Autofahrer oder Anwohner nicht zu blenden. PV-Module haben allerdings eine entspiegelte Oberfläche und reflektieren weniger als weiße Turmlacke. In der Praxis könnten Behörden im Rahmen der Betriebsgenehmigung Auflagen machen (etwa Gutachten zur Standsicherheit durch die zusätzliche Last, siehe Abschnitt 3). Bei neuen Windrädern könnte man die PV-Verkleidung gleich mitbeantragen. Bisher gibt es in Deutschland noch keine bekannten Beispiele, sodass die Behördenpraxis hier hypothetisch ist.
Bauordnungsrecht der Länder: Kleinere Windräder (<50 m) werden nach Landesbauordnung genehmigt. Der Turm ist dann bauliche Anlage. PV-Module gelten als bauliche Änderung/Ergänzung. In manchen Bundesländern sind PV-Anlagen bis zu einer gewissen Größe verfahrensfrei oder privilegiert. Ein Windturm ist aber kein Gebäude; PV-Module daran wären keine “aufs Dach” Montage, sondern eher Freiflächen-PV am Bauwerk. Denkbar ist, dass Länder Ausnahmeregeln schaffen. Nordrhein-Westfalen z.B. hat 2021 ein „PV-Privileg am Windrad“ diskutiert – dort wurden PV-Anlagen auf ungenutzten Flächen neben Windrädern (Kranstellflächen) genehmigungsfrei gestellt. Für PV am Turm selbst gibt es noch spezielle Regelungen: Jedoch könnten analoge Erleichterungen kommen, um Doppelnutzung zu fördern. Die Landesbauordnung schreibt außerdem vor, dass alle Anbauten ausreichend befestigt und sicher sein müssen (Stichwort: Standsicherheit, Brandschutz). PV-Module müssten also z.B. schwer entflammbar sein oder eine Brandweiterleitung am Turm nicht begünstigen – hier könnten Prüfnachweise verlangt werden.
Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG): Ein zentraler Punkt ist die Einspeisevergütung bzw. Marktprämie für den Solarstrom. Wind und PV werden im EEG getrennt behandelt. Wenn ein Windrad bereits eine Vergütung/Marktprämie für Windstrom erhält, stellt sich die Frage, ob der zusätzlich erzeugte Solarstrom ebenfalls gefördert werden kann. Nach aktueller Gesetzeslage dürfte der PV-Strom als eigene EEG-Anlage gelten. Allerdings ist ein Windturm kein Gebäude – d.h. PV-Module daran zählen wahrscheinlich als “sonstige Anlagen” oder Freiflächen-PV. Freiflächen-PV >750 kW benötigt Bebauungspläne und Ausschreibungserfolg, was hier nicht passt. Bei kleinen Leistungen könnte man den PV-Strom ohne EEG-Förderung direkt vermarkten oder selbst nutzen, um bürokratische Hürden zu umgehen. Tatsächlich verlangt das EEG für Freiflächenanlagen i.d.R. einen Bebauungsplan, es sei denn, es handelt sich um privilegierte Flächen. Für an Windräder angelehnte PV gibt es (noch) keine Privilegierung als EEG-Anlage. Daher dürfte der einfachste Weg sein, den Solarstrom vor Ort in den Windpark einzuspeisen und gemeinsam zu vermarkten (via Direktvermarktung). So wurde es in Projekten gehandhabt: In NRW z.B. darf der Solarstrom ohne Bebauungsplan nur für den Eigenverbrauch der WEA oder zur Direktvermarktung genutzt werden.
Weitere Vorschriften: Denkbar sind berührte Normen der elektrischen Sicherheit (VDE-AR-N 4105 für PV-Anlagen, falls separate Einspeisung erfolgt). Die Integration der PV in die Anlagensteuerung muss zudem mit der Netzanschlussregelung des Windrads harmonieren. Auch arbeitsrechtliche Vorschriften (z.B. Absturzsicherung bei Montage/Wartung der Module in großer Höhe) spielen eine Rolle, fallen aber in den allgemeinen Bereich des Arbeitsschutzes.
In Summe bewegen wir uns in einem regulatorischen Graubereich, da Wind-Solar-Hybridtürme neuartig sind. Rechtlich zulässig ist die Doppelnutzung jedoch grundsätzlich, solange die Genehmigungsauflagen eingehalten werden. Die PV-Installation dürfte als Zubehör zur Windenergieanlage gesehen werden, mit dem Zweck der Eigenstromversorgung oder zusätzlichen Einspeisung. Betreiber müssten mit der Genehmigungsbehörde klären, ob eine Änderungsgenehmigung nötig ist. Da die Politik hybriden erneuerbaren Anlagen zunehmend offen gegenübersteht, könnten künftige EEG-Novellen oder Ländererlasse die Kombination erleichtern. So oder so ist eine enge Abstimmung mit der Behörde ratsam, um Rechtssicherheit zu haben, bevor ein Windrad mit PV „tapeziert“ wird.

5. Verfügbare Photovoltaikprodukte für gekrümmte/vertikale Flächen
Der Markt für flexible und leichte PV-Module hat in den letzten Jahren erhebliche Fortschritte gemacht. Insbesondere für Fassaden, Fahrzeugdächer oder Spezialanwendungen gibt es Produkte, die sich auch für Windkrafttürme eignen. Wichtige Hersteller und Technologien sind:

Heliatek (Deutschland): Produziert organische Solarfolie HeliaSol. Diese OPV-Folie ist ultradünn (≈1 mm) und flexibel wie eine Plane. Sie enthält organische Halbleiterschichten auf Kunststoffbahn. Vorteile: sehr leicht (<1 kg/m²), flexibel an praktisch jede Oberfläche anpassbar, geringere Abhängigkeit von hohen Einstrahlwinkeln, vollflächig verklebbar. Heliatek-Folien erzielten 2020 einen Wirkungsgrad von ca. 7–8 %, Tendenz steigend. In Albacete (Projekt Breña) wurden 120 Heliatek-Bahnen (je ~6 m × 0,3 m) verwendet. Heliatek wirbt mit einer Lebensdauer >20 Jahren und hat 2019 als weltweit erster OPV-Hersteller die IEC-Zertifizierung erhalten. Diese Folien kommen ohne Glas aus und können rückstandslos recycelt werden. Aufgrund der dünnen Beschichtungskosten sind sie aktuell noch teurer pro kW als Siliziummodule (eine 50 W Folie kostet ~200 €), aber sie erschließen Anwendungsfelder, die sonst unmöglich wären.
DAS Energy (Österreich): Entwickelt Composite-Solarmodule – das sind glasfreie PV-Module mit monokristallinen Siliziumzellen, eingebettet in eine faserverstärkte Kunststoffplatte. Diese Module (teils als „Super Lightweight Module“ vermarktet) sind ca. 2 mm dünn und flexibel biegsam (bis ~15° Krümmung). Das Gewicht liegt bei ~3–3,5 kg/m². Trotz des Verzichts auf Glas erreichen sie hohe Leistungen; z.B. liefert ein 0,8 m² Modul ~140 Wp (entspricht ~175 W/m², also ~17 % Effizienz). Die Module haben eine strukturierte, schmutzabweisende Oberfläche und integrierte Anschlussdosen. Sie können aufgeklebt, genietet oder mit Magneten befestigt werden. DAS Energy nennt als Kern ihrer patentierten Technologie einen mit Glasfaser verstärkten PET-Kern, der Flexibilität und Stabilität verleiht. Solche Module kamen beim Windrad-Pilot in Weiden/See zum Einsatz. Weitere Einsatzgebiete sind leichte Industriedächer oder Autark-Lösungen (z.B. für Container, Boote). Hersteller wie Sunman (China) bieten ähnliche glaslose Module (eArc Serie), die ebenfalls ~2 mm dünn und ~5 kg (für 300 W) leicht sind.
Flexible CIGS-Module: CIGS-Dünnschicht (Kupfer-Indium-Gallium-Selenid) kann ebenfalls auf Folie aufgebracht werden. Firmen wie MiaSolé (USA) oder Flisom (Schweiz) stellten rollbare CIGS-Module her, die 10–15 % Wirkungsgrad erreichen. Diese werden beispielsweise für Folien auf Lkw-Planen oder leicht gewölbte Fassaden genutzt. Für Windtürme wären sie ebenfalls denkbar, sind aber (noch) Nischenprodukte. Vorteil: Sie kommen ohne Siliziumwafer aus und könnten kostengünstig in großen Längen produziert werden. Allerdings haben einige Hersteller (MiaSolé, Global Solar) ihre Produktion gedrosselt, da flexible CIGS wirtschaftlich herausfordernd ist.
BIPV-Fassadenmodule: Für sehr spezifische Projekte könnten maßgefertigte gebogene Module eingesetzt werden. Beispielsweise lässt sich farbiges Dünnschichtglas (amorphe Zellen) auf gekrümmte Träger laminieren. Die Firma Voltarlux bietet etwa Verbundglassysteme mit amorphen Zellen für Fassaden bis 100 m Höhe. Solche Lösungen erfüllen alle Bauzulassungen, sind aber schwer (Verbundsicherheitsglas) und teuer. An einem runden Stahlrohrturm wären sie unpraktisch, außer eventuell im Turmsockelbereich als Design-Element.
Zusammenfassend sind organische Solarfolien und glasfreie Verbundmodule die vielversprechendsten Optionen für Windkrafttürme. Sie vereinen geringes Gewicht, Flexibilität und ausreichend hohen Energieertrag. Hersteller wie Heliatek (OPV) und DAS Energy (Composite-Si) haben seit 2020 bewiesen, dass ihre Produkte an Windrädern funktionieren. Auch andere Unternehmen (z.B. Armor/ASCA in Frankreich für OPV, Sunovation in Deutschland für BIPV ohne Rahmen) könnten solche Lösungen bieten. Wichtig sind technische Daten wie Temperaturbeständigkeit (‐40 bis +85 °C sollten sie aushalten), UV-Stabilität, Lebensdauer (mind. 20 Jahre) und Zertifizierungen (IEC 61215/61730 für PV-Module, ggf. zusätzliche allgemeine bauaufsichtliche Zulassung beim DIBt für gebäudeintegrierte Module).

Heutige flexible PV-Module erreichen zwar noch nicht die Effizienz starrer Module, doch der Vorteil liegt in der Einsetzbarkeit auf neuen Flächen. Mit zunehmender Nachfrage – z.B. durch die Windbranche – dürften mehr Hersteller solche spezialisierten Module anbieten. Bereits jetzt kooperieren einige Windturbinen-Hersteller mit PV-Firmen (siehe Abschnitt 11), was die Verfügbarkeit weiter verbessern wird.

6. Reale Projekte und Pilotanlagen seit 2020
Obwohl das Konzept neuartig ist, wurden seit 2020 bereits mehrere Pilotprojekte umgesetzt, bei denen Windkrafttürme mit PV-Modulen kombiniert wurden. Zu den bekanntesten Beispielen zählen:

Abbildung: Montage von flexiblen PV-Modulen am Turm einer 2-MW-Windkraftanlage (Windpark Weiden am See, AT). Seilkletterer verkleben 2 mm dünne Spezialmodule bis in 40 m Höhe.

Windpark Weiden am See (Österreich, 2020): Im September 2020 hat der Energieversorger Energie Burgenland erstmals PV-Module an einem bestehenden Windrad installiert. Auf dem 80 m hohen Turm einer Vestas Vestas V90-2.0 MW Anlage wurden 30 flexible Dünnschicht-Module angebracht. Die Module bedecken etwa 60 m² Turmfläche bis 40 m Höhe und sind nach Südost bzw. Südwest ausgerichtet, um den Tagesgang der Sonne abzudecken. Befestigt wurden sie mittels Spezialkleber, ohne Bohrungen. Die Folienmodule stammen von der Firma DAS Energy (Wiener Neustadt) und sind ca. 2 mm dick und fünfmal leichter als Standard-Panels. Genaue Leistungsdaten wurden nicht veröffentlicht, doch lässt sich bei 60 m² Fläche und angenommen ~150 W/m² eine PV-Leistung um 9 kWp abschätzen. Ziel des Projekts ist es, Hybridstrom zu erzeugen – also Solarstrom, wenn die Sonne scheint und oft Flaute herrscht. Damit soll z.B. der Eigenverbrauch des Windrads gedeckt oder bei Windstille noch etwas Strom erzeugt werden. Es handelte sich um ein Demonstrationsprojekt; Energie Burgenland sprach von einer „weltweit einzigartigen Lösung“ und plante, bei Erfolg weitere Windtürme mit PV auszustatten.
Windpark Breña, Albacete (Spanien, 2019/2020): Bereits Ende 2019 initiierte Acciona – ein Windkraftbetreiber und Turbinenhersteller (gehört zur Nordex-Gruppe) – ein Pilotprojekt, bei dem organische PV-Folien am Turm getestet wurden. Im Windpark Breña wurde an einer Nordex AW77-1500 (1,5 MW, ~80 m Turm) eine Fläche von rund 50 m² mit OPV-Film beklebt. Zum Einsatz kamen 120 Heliatek-Folienmodule (je ~6 m × 0,3 m), verteilt auf 8 unterschiedliche Höhen am Turm. Die Gesamtleistung beträgt 9,36 kWp. Die Module sind in Südost- und Südwestrichtung angebracht, um über den ganzen Tag Sonnenlicht einzufangen. Dieses Projekt verfolgte zwei Ziele: Zum einen die Energieversorgung der WEA-Hilfssysteme durch Solarstrom (siehe Abschnitt 9), zum anderen das Testen der neuen OPV-Technologie im realen WEA-Betrieb. Die organischen Zellen sind nur 1 mm dünn, flexibel und komplett kohlenstoffbasiert. Acciona berichtete, dass diese Module robust gegenüber Vibrationen und einfach in der Logistik/Installation seien. Das Projekt läuft unter voller Überwachung, um Daten zur Energieerzeugung und Alterung der Module zu sammeln. Erste Ergebnisse zeigen, dass die PV-Folien tatsächlich einen Großteil des Eigenbedarfs des Windrads decken können. Acciona sieht darin einen Beitrag, die Flächennutzung zu optimieren und neue Technologien wie OPV voranzubringen.
Weitere Projekte/Planungen: Neben den obigen Vorreitern gibt es Hinweise auf weitere Vorhaben. DAS Energy vermeldete 2020, dass weitere Projekte in Deutschland und Spanien „akquiriert oder teilweise schon umgesetzt“ seien. Details wurden nicht öffentlich, doch ist denkbar, dass in Spanien (wo Acciona aktiv ist) noch andere Windräder mit PV-Folie bestückt wurden. In Deutschland selbst war 2020/21 ein Pilot geplant, evtl. im Raum Paderborn (WestfalenWIND hatte in NRW rechtlich die Nutzung von Kranstellflächen für PV erstritten und könnte auch Turm-PV erwogen haben). Bis 2025 gibt es allerdings keine publizierten Meldungen über eine PV-bekleidete WEA in Deutschland – vermutlich aufgrund regulatorischer Unklarheiten und der Tatsache, dass die genannten Technologien noch in Erprobung sind. Dennoch wächst das Interesse: So wurde 2022 von der Fachhochschule Kiel ein Prototyp entwickelt, bei dem Klein-Windturbinen und PV-Module an einem Sendemast kombiniert wurden (zwar kein WEA-Turm, aber ein ähnliches Konzept für Hybrid-Nutzung von Höheninfrastruktur). Zudem existieren Konzeptstudien (z.B. Patent US8288884B1) für Windräder mit integrierten Solarpanelen am Turm.
Die realisierten Pilotanlagen haben gezeigt, dass Windrad und Photovoltaik erfolgreich kombiniert werden können, ohne den Betrieb der Turbine zu stören. Die Erkenntnisse daraus – etwa zu Montage, Haltbarkeit und Ertrag – sind wertvoll, um die Machbarkeit in größerem Maßstab zu bewerten (siehe Abschnitte 7–10). Insbesondere das Projekt in Österreich (erstes PV-Windrad Europas) und das Acciona-Heliatek-Projekt in Spanien gelten als Meilensteine auf dem Weg zur Hybridanlage.

7. Potenzieller Energieertrag und Einflussfaktoren
Ein zentrales Kriterium für die Sinnhaftigkeit von Turm-PV ist der erzielbare Energieertrag. Da die Module vertikal oder nahezu vertikal am Turm angebracht sind, unterscheidet sich ihr Einstrahlungsprofil von dem klassischer Dach-PV:

Ausrichtung: Bei runden Türmen kann prinzipiell rundum PV angebracht werden. In der Praxis konzentriert man sich auf die sonnenzugewandten Seiten. Im Optimalfall würde man z.B. 180° des Umfangs (Südost bis Südwest) ausstatten, um von morgens bis abends Sonne einzufangen. Dadurch erreicht man eine relativ gleichmäßige Verteilung der Solarernte über den Tag – morgens liefert die Südost-Seite, mittags die Südpaneele (direkt oder mit flachem Einfallswinkel), am Nachmittag die Südwest-Seite. Im Gegensatz zu starr nach Süden ausgerichteten PV-Anlagen profitiert man so von einem breiteren Zeitfenster. Allerdings bleibt die Nordhälfte des Turms ungenutzt, da dort kaum direkte Sonne ankommt.
Neigungswinkel: Vertikal montierte Module haben bei tief stehender Sonne einen Vorteil, bei hoch stehender Sonne einen Nachteil. In Deutschland ist die optimale Neigung für PV ~30–35° (gegen Süden) – damit erreicht man maximale Jahreserträge. Eine senkrechte Fassade (~90° Neigung) liefert weniger: Faustregeln nennen etwa 60–70 % des Ertrags einer optimal geneigten Anlage. Konkret: Wo eine 1 kW Dachanlage ~1.000 kWh/Jahr erzeugt, bringt eine gleich große Fassadenanlage ~600–700 kWh/Jahr. Dieser Minderertrag resultiert aus dem steilen Einstrahlungswinkel zur Mittagszeit (viel Licht streift die Fläche) und dem flacheren Tagesintegral. Allerdings kann eine Fassade im Winter relativ mehr leisten: Wenn die Sonne sehr niedrig steht, trifft sie vertikale Module fast frontal, während flache Dachmodule dann kaum Energie bekommen. Es wurde berichtet, dass senkrechte PV-Paneele an Südost/Südwest-Fassaden zwar weniger Gesamtstrom liefern, dafür aber gleichmäßiger über das Jahr verteilt (mehr Winterstrom). Für Windräder heißt das: Turm-PV würde den sommertags ohnehin hohen PV-Strom (z.B. von anderen Solaranlagen) weniger verstärken, dafür in sonnenarmen Monaten etwas beitragen – was systemweit vorteilhaft sein kann.
Verschattung: Ein wichtiges Thema ist die Schattenwirkung des Rotors und der Gondel auf die Turm-PV. Der eigene Rotor kann je nach Sonnenstand intermittierend Schatten auf den Turm werfen (Rotorblätter, die die Sonne „abschattieren“ – erkennbar am Schlagschatten und Flickereffekt). Besonders wenn die Sonne hinter dem Rotor steht, können die Module am Turm kurzzeitig ganz oder teilweise verschattet werden. Dies kann zu Ertragseinbußen führen, ähnlich wie Wolkenschatten. Allerdings sind die Module meist auf Bereichen installiert, wo der Rotor nicht direkt im Strahl steht (z.B. eher unten am Turm, nicht direkt unter der Nabe). In Weiden am See wurden die Module bis 40 m Höhe montiert – weit unterhalb der Nabe, sodass Rotorschatten dort nur bei sehr tiefem Sonnenstand relevant ist. Zudem sind Wechselrichter heute mit Shade-Management ausgestattet: Teilverschattungen führen nicht mehr zum Totalausfall, sondern es werden optimierte MPP-Tracker oder Leistungsoptimierer verwendet, um auch unter Rotor-Schatten fließenden Strom zu liefern. Eine kontinuierliche leichte Verschattung durch den runden Turm selbst (Selbstverschattung) gibt es nicht, da die Module ja auf der bestrahlten Seite liegen. Lediglich bei sehr flachem Sonnenwinkel kann ein Teil des Lichts durch die Turmkrümmung ungünstig einfallen – das ist aber im Ertragsmodell implizit drin.
Ertrag pro m² und insgesamt: Flexible PV-Module haben teils geringeren Wirkungsgrad, aber wir betrachten hier meist die kWp-Leistung und deren Ertrag. Angenommen, man bestückt einen modernen Turm auf ~100 m² Fläche mit ~15 kW_p PV (z.B. 150 W/m² Modulleistung bei OPV/Dünnschicht). Bei einem spezifischen Ertrag von ~700 kWh/kW_p·Jahr ergibt das ~10.500 kWh pro Jahr. Das entspricht dem Jahresverbrauch von ~3 Drei-Personen-Haushalten – auf den ersten Blick wenig im Vergleich zur Windenergie der Anlage (ein 3 MW-Windrad erzeugt >6 Millionen kWh/a). Aber dieser PV-Strom fällt vor allem an windschwachen sonnigen Tagen an und kann dort wertvoll sein (siehe Abschnitt 9). Skaliert man das Konzept hoch (größerer Turm, mehr Fläche, effizientere Module), könnten pro Windrad auch 50–100 kW_p installiert werden. Beispielsweise hätte ein 150 m hoher, 8 m breiter Turm ca. 1500 m² nutzbare Südfläche; bei moderneren Modulen (~200 W/m²) wären ~300 kW_p möglich. Deren Ertrag (ca. 0,7 × 300 MWh = 210 MWh/Jahr) wäre spürbar – etwa 2–3 % der Windstromproduktion eines großen Windrads. Somit ist langfristig auch energetisch ein nennenswerter Beitrag möglich.
Orientierung und Windrichtungsabhängigkeit: Ein fest installiertes Modul am Turm hat keine Nachführung – der Ertrag hängt von der Sonne ab, nicht von der Windrichtung. Aber: Windräder drehen ihre Gondel nach dem Wind. Damit rotiert der Turm relativ zur Sonne nicht – der Turm steht fix, nur die Gondel oben dreht. Die Module am Turm sind also immer gleich ausgerichtet. Das bedeutet: es ist egal, woher der Wind weht; die Solarernte bleibt unverändert. Allerdings könnte man theoretisch modultragende Türme auch verdrehbar konstruieren, sodass sie sich der Sonne zuneigen – das wäre technisch extrem aufwändig und ist nicht vorgesehen. Praktisch bleibt es bei festen Modulen an festen Positionen.
In den bisherigen Pilotprojekten wurden keine detaillierten Ertragszahlen veröffentlicht, aber qualitativ bestätigen die Betreiber die Erwartungen: Die PV-Module liefern spürbaren Strom, insbesondere bei Sonnenschein und Flaute. Acciona berichtete, dass die neue PV-Anlage in Spanien den internen Verbrauch der WEA bei Sonneneinstrahlung vollständig decken kann. In Österreich wurde beobachtet, dass durch die fast senkrechte Montage auch tiefer stehende Wintersonne noch genutzt wird.

Zusammengefasst ist der potenzielle Ertrag pro Windrad zwar relativ klein im Vergleich zur Windernte, aber strategisch interessant: Turm-PV produziert hauptsächlich dann Strom, wenn der Wind schwächelt (hoher Solarertrag an Sommertagen, mittags/abends bei stabiler Hochdrucklage). Dies ergänzt die Windleistung zeitlich. Außerdem findet eine vor-Ort-Nutzung (Eigenverbrauch) statt, die den Ertrag effektiv macht (siehe nächste Sektion). Realistisch kann mit 600–800 kWh/kW_p und Jahr an einem Turm in Deutschland gerechnet werden. Je nach bestückter Fläche und Modulqualität entspricht das einigen tausend bis zehntausend kWh pro Anlage und Jahr.

8. Wirtschaftlichkeitsanalyse und Kosten-Nutzen-Abwägung
Die Wirtschaftlichkeit der PV-Verkleidung von Windtürmen ist derzeit noch herausfordernd, verbessert sich aber mit technologischen Fortschritten. Folgende Punkte sind in einer ökonomischen Betrachtung wesentlich:

Investitionskosten: Spezielle flexible PV-Module sind zurzeit teurer als Standard-PV. Konventionelle Dachanlagen kosten etwa 800–1200 €/kW_p (schlüsselfertig). Dagegen liegen die Kosten für organische Folien oder Leichtbaumodule höher – grobe Schätzungen sprechen von 1500–3000 €/kW_p, je nach Technologie (OPV eher teuer, glasfreie Si-Module mittelfristig näher am Standard). Beispiel: Die Heliatek-Module kosten rund 4 €/W_p, also 4000 €/kW_p, in Kleinprojekten. Eine 10 kW Anlage am Turm könnte somit 20.000–40.000 € kosten. Hinzu kommen Installationskosten: Spezialteams mit Industriekletterern sind nötig, was deutlich teurer ist als PV-Montage auf dem Boden. Allerdings war z.B. die Installation in Burgenland innerhalb eines Tages abgeschlossen – die Fläche war klein. Für größere Flächen würde man eventuell Hebebühnen oder Kletterroboter einsetzen, falls verfügbar. Die Klebkost und ggf. Genehmigungskosten sind zusätzlich einzukalkulieren.
Laufende Betriebskosten: PV-Module sind weitgehend wartungsarm (keine beweglichen Teile). Dennoch muss bei 60–100 m Turmhöhe mit erhöhtem Aufwand für Inspektion und Reinigung gerechnet werden (siehe Abschnitt 10). Die Reinigung könnte teurer sein als bei bodennahen Anlagen, sodass man sie eher selten durchführt. Viele flexible Module haben jedoch schmutzabweisende Beschichtungen, was hilft. Ein weiterer Betriebskostenpunkt ist die Versicherung – ein Hybridanlage müsste gegen Ertragsausfall, Blitzschäden etc. versichert werden; es ist denkbar, dass Versicherer hier Zuschläge verlangen, bis Erfahrungswerte vorliegen.
Einnahmen/Einsparungen: Turm-PV kann Erträge auf zwei Wegen bringen: Einsparung von Fremdstrom und Einspeisung von Überschussstrom. Jede kWh Solarstrom, die im Windrad selbst verbraucht wird (z.B. für die Eigenbedarfsversorgung der Anlage), spart den Bezug von Netzstrom. Windkraftanlagen benötigen im Standby und auch im Betrieb Strom (für Steuerung, Hydraulik, Kühlpumpen, Azimut- und Pitchmotoren, Flugsicherheitslichter etc.). Dieser Eigenbedarf wird normalerweise vom erzeugten Windstrom abgezweigt oder bei Stillstand aus dem Netz bezogen. Wenn PV diesen Bedarf deckt, bleibt mehr Windstrom für die Einspeisung übrig bzw. es muss weniger Netzstrom gezogen werden. Beispielsweise kann nach einer Berechnung durch WestfalenWIND eine kleine PV-Anlage auf der Kranstellfläche rund 2/3 des Eigenverbrauchs einer WEA bilanziell decken. Turm-PV würde ähnlich wirken. Der finanzielle Nutzen: Netzbezugskosten von vielleicht 20–30 Ct/kWh werden gespart (Industriestromtarif, je nach Zeitpunkt). Pro Jahr kann das einige hundert Euro bis wenige tausend Euro pro Anlage ausmachen, je nach Größe der PV. Der Überschuss, also Solarstrom, der über den unmittelbaren Eigenbedarf hinausgeht, kann eingespeist und vermarktet werden. Hier hängt der Erlös vom Marktpreis ab (derzeit volatile Börsenstrompreise, Größenordnung 5–15 Ct/kWh). Da die Mengen klein sind, wäre meist eine gebündelte Direktvermarktung sinnvoll – z.B. ein Windpark speist den kombinierten Wind+Solarstrom als Gesamtpaket ein. Separate EEG-Vergütungen sind, wie in Abschnitt 4 beschrieben, in der Regel nicht vorgesehen, sodass man den Marktwert ansetzt. Angenommen 1 kW_p Turm-PV liefert ~700 kWh/Jahr und die könnte man zu 0,10 €/kWh verkaufen, ergibt das 70 € Erlös pro kW_p und Jahr. Bei 10 kW_p Anlage entsprechend ~700 €/Jahr Einnahme.
Amortisationszeit: Mit den obigen Zahlen lässt sich überschlagen: Kostet die PV-Installation 20.000 € und bringt Einsparungen/Einnahmen von 1.000 € pro Jahr, liegt die einfache Amortisationszeit bei 20 Jahren. Das ist an der Grenze der Lebensdauer der Module – aktuell also kaum wirtschaftlich ohne Förderungen. Tatsächlich sind die Pilotprojekte auch eher forschungsgetrieben, nicht profitgetrieben. Die Rendite würde sich verbessern, wenn die Modulpreise sinken (Massenproduktion flexibler Module) oder die Strompreise steigen. Bei teuren Zeiten (z.B. 2022 mit >30 Ct/kWh Spotmarkt) wäre der Nutzen größer. Auch denkbar: Förderprogramme könnten solche Hybridanlagen unterstützen, da sie netzdienlich sein können. In manchen Ländern (z.B. Österreich) werden kombinierte Anlagen positiv betrachtet. Deutschland könnte im Rahmen von Innovationsausschreibungen oder Hybridtarifen Anreize schaffen.
Skaleneffekte: Ein einzelnes Windrad mit PV nachzurüsten ist teurer (pro kW) als gleich eine Serie auszustatten. Wenn Turm-PV schon im Werk bzw. bei der Errichtung eingeplant würde, könnten Kosten sinken. Zum Beispiel könnten modulare PV-Folien beim Bau des Turms verklebt werden, solange er am Boden liegt, und dann mit eingebaut werden. Die Verkabelung könnte intern integriert werden. Solche integralen Lösungen bieten großes Potenzial zur Kostensenkung. Hersteller könnten Turmsegmente mit fertig integrierter PV-Oberfläche anbieten – ähnlich wie Photovoltaik-Fassadenelemente. Noch ist das Zukunftsmusik, aber erste Kooperationen (s. Abschnitt 11) deuten in diese Richtung.
Wirtschaftlicher Mehrwert jenseits direkter Erlöse: Ein oft genannter Vorteil ist die bessere Flächenausnutzung und die imagewirksame Demonstration von „100 % Erneuerbar“-Anlagen. Ein Windrad, das seinen eigenen Hilfsstrombedarf solar deckt, hat einen kleineren CO₂-Fußabdruck im Betrieb. Außerdem steigt die Anlageneffizienz leicht – es wird mehr kWh pro installiertem Wind-MW erzeugt. Zwar honoriert der Markt das nicht direkt, aber in Ausschreibungen könnte ein Hybrid-Konzept punkten (falls Regulatorik angepasst wird). Einige Betreiber könnten auch aus Marketinggründen bereit sein, moderate Mehrkosten zu tragen, um eine Vorreiterrolle bei innovativen Hybridanlagen einzunehmen.
Einsparung von Netzausbau: Ein kombinierter Wind+Solar-Park kann vorhandene Netzanschlüsse besser auslasten, ohne Spitzen stark zu erhöhen (weil Wind und PV oft gegenläufig produzieren). Das könnte Netzentgelte senken oder zusätzliche Einspeisekapazität erschließen. In der Wirtschaftlichkeitsberechnung eines gesamten Wind-Solar-Projekts können solche Faktoren positiv wirken, auch wenn die Turm-PV allein vielleicht nicht wirtschaftlich wäre.
In einer Beispielrechnung (ohne Förderung) dürfte derzeit die Amortisationszeit einer Turm-PV-Installation 15–25 Jahre betragen – also länger als die typischen 12–15 Jahre, die Investoren anstreben. Deshalb steckt das Konzept noch in der Pilotphase. Die Aussage „Solarpanels auf Windtürmen lohnen sich nicht, die Stromausbeute kompensiert die Kosten nicht“ hört man bislang häufig. Doch zu beachten: Die Kostenkurve flacher PV-Module fiel in der Vergangenheit drastisch; Ähnliches könnte mit flexiblen Modulen passieren, wenn Skaleneffekte greifen. Zudem könnten künftige CO₂-Bepreisungen, Ökostromlabels oder Kombi-Auktionen den Mehrwert von Hybridanlagen heben. So ist denkbar, dass Windparkbetreiber einen Bonus erhalten, wenn sie Photovoltaik integrieren (politisch gewollte Doppelnutzung). Dann würde sich die Wirtschaftlichkeit erheblich verbessern.

Fazit: Aktuell ist die PV-Verkleidung von Türmen ökonomisch grenzwertig und primär dort sinnvoll, wo der Solarstrom teuer substituierten Netzstrom ersetzt (Eigenverbrauch). Mit sinkenden Technologiekosten und geeigneten Marktmechanismen kann sich das Blatt aber wenden. Für neue Windräder, die noch Jahrzehnte laufen, könnte es sich als vorausschauend erweisen, die Option für spätere PV-Nachrüstung offen zu halten. Schon heute ließe sich bei Repowering-Projekten prüfen, ob z.B. durch eine moderate PV-Ergänzung die Rentabilität eines Altstandorts erhöht werden kann – z.B. wenn Wind einspeisebegrentzt ist, könnte PV unter der Grenze zusätzlich einspeisen. Insgesamt wird die Wirtschaftlichkeit kontinuierlich besser, je mehr praktische Erfahrungen gesammelt werden und je mehr Synergien (siehe unten) erschlossen werden.

9. Integration in die elektrische Infrastruktur der Windenergieanlage
Die Kombination von Windturbine und Solarmodulen auf einem Turm erfordert eine durchdachte elektrische Einbindung, damit beide Systeme reibungslos zusammenarbeiten. Wichtige Aspekte dieser Integration sind:

Verschaltung und Einspeisepunkt: In den Pilotprojekten wurden die PV-Module mit herkömmlichen Solar-Wechselrichtern ausgestattet, die den Gleichstrom der Module in Wechselstrom umwandeln. Der so erzeugte PV-Strom kann auf zwei Arten eingespeist werden: (a) auf der Niederspannungsseite in das interne Netz der Windenergieanlage oder (b) auf der Mittelspannungsseite in das Parknetz/öffentliche Netz. Variante (a) wurde z.B. bei Acciona gewählt: Die PV-Anlage wurde so installiert, dass sie den internen Bedarf der Turbine deckt. Praktisch bedeutet das, der PV-Wechselrichter ist im Turmfuß angeschlossen und speist auf die Sammelschiene, an der auch die Eigenverbraucher (Pumpen, Lüfter, Steuerung etc.) hängen. Überschuss fließt von dort über den Haupttransformator ins Netz. Variante (b) wäre die Zusammenführung mehrerer PV-Anlagen aus verschiedenen Türmen an einer zentralen Einspeisestelle, macht aber meist wenig Sinn, da jeder Turm ohnehin eine Netzanbindung hat. Daher wird typischerweise jeder Turm autark mit PV ausgerüstet, und der PV-Strom durchläuft denselben Transformator/Netzanschluss wie der Windstrom.
Leistungselektronik und Synchronisation: Moderne Windenergieanlagen (v.a. mit Vollumrichtern) haben ein internes DC-Zwischenkreis- oder Umrichtersystem. Theoretisch könnte man die PV-Module direkt in diesen Zwischenkreis einspeisen und so den Solarstrom über den großen WEA-Wechselrichter ins Netz leiten. Das wurde in Pilotprojekten aber nicht gemacht – hier liefen separate PV-Inverter. Die Synchronisation zum Netz ist unproblematisch, da die PV-Wechselrichter sich am vorhandenen Netzspannungssignal orientieren. Sie müssen aber auf die gleiche Netzschutz- und Leittechnik abgestimmt werden. Beispielsweise darf es nicht passieren, dass bei Netztrennung die PV-Anlage weiter einspeist (Inselbetrieb), während das Windrad abgeschaltet ist. Daher werden die PV-Inverter in die Schutzlogik der WEA integriert: Fällt das Netz aus oder geht die WEA vom Netz, muss auch die PV-Anlage sofort abschalten (spätestens innerhalb von 200 ms gemäß VDE-AR-N 4105). In Accionas Projekt wurde die PV-Anlage als Teil des Systems betrachtet, das bei Abschaltung in späterer Phase eventuell durch Batteriespeicher sogar Schwarzstart unterstützen könnte. Solche Überlegungen, PV + Speicher einzusetzen, um eine WEA auch bei Netzausfall betriebsfähig zu halten, sind in der Erprobung.
Verkabelung im Turm: Die PV-Strings an der Außenwand müssen zum Wechselrichter geführt werden. In Weiden am See verliefen die Kabel z.B. unter den Modulen und wurden durch eine Öffnung ins Turminnere geführt (vermutlich im Bereich der Einstiegstür). Alternativ könnten Kabel auch außen entlang in den Boden geführt werden, was aber zu Exposition und möglichen Schäden führen kann. Idealerweise plant man Kabelwege ins Design ein – etwa durch kleine Kabelkanäle an der Turminnenseite in regelmäßigen Abständen. Die Verkabelung muss UV-beständig (außen) und vibrationsfest installiert sein. Auch Scheuerschutz an den Durchführungen ist wichtig. In den Piloten hat man relativ kleine Anlagen (30 Module) gehabt, sodass nur wenige Kabel nötig waren. Bei größeren Flächen würde man zu Sammelschienen oder Strings greifen, um die Kabelanzahl zu begrenzen.
Leistung und Spannungsniveau: Kleinanlagen (bis ~10 kW) können mit üblichen String-Wechselrichtern (400 V AC) arbeiten, die direkt auf die 0,4 kV-Schiene einspeisen. Größere PV-Leistungen am Turm könnte man entweder in mehrere dezentralen Wechselrichter aufteilen oder einen größeren Zentralwechselrichter im Turmfuß nutzen. Denkbar ist auch ein DC-DC-Wandler-Konzept, das die PV-Leistung auf den Gleichspannungszwischenkreis der Windenergieanlage koppelt – dies würde Hardware in der Gondel voraussetzen und ist bislang nicht Stand der Technik.
Steuerung und Monitoring: Aus Sicht der Betriebsführung muss die PV-Anlage ins SCADA-System der Windfarm integriert werden. Das Windrad-PLC könnte z.B. den Status des PV-Inverters überwachen. Im einfachsten Fall laufen beide Systeme unabhängig: Der PV-Inverter speist einfach, solange Spannung anliegt, und die Windanlagensteuerung ignoriert ihn. Aber sinnvoller ist eine Kopplung: Beispielsweise könnte man bei Wartungsarbeiten am Windrad auch den PV-Inverter ausschalten, um elektrische Sicherheit zu gewährleisten. In Hybridparks dürfte eine gemeinsame Leitwarte sowieso beide Komponenten monitoren. Acciona betonte das Monitoring im Test: Die Anlage wird vollständig überwacht, um Realbedingungen auszuwerten.
Netz- und regelungstechnische Vorteile: Eine interessante Option ist es, den Solarstrom für die Blindleistungsregelung im Windpark zu nutzen. Fraunhofer IEE untersucht z.B., wie der gemeinsame Betrieb von Wind und PV die Bereitstellung von Systemdienstleistungen verbessern kann. Da PV-Wechselrichter sehr schnell regeln können, könnten sie z.B. Blindleistung liefern, während der Windpark hauptsächlich Wirkleistung liefert. Für den konkreten Turm-PV-Fall ist das aber noch Zukunftsmusik; bislang geht es vornehmlich um die einfache Einspeisung.
Eigenverbrauchssteuerung: Sollte das Primärziel sein, den WEA-Eigenbedarf zu decken, kann eine Steuerung implementiert werden, die den PV-Inverter nur so viel einspeist wie benötigt und Überschüsse ggf. drosselt, falls eine Netzeinspeisung unerwünscht ist. In Österreich wurde z.B. berichtet, dass der zusätzlich produzierte Ökostrom den Fußabdruck der WEA verbessert und bei Flaute hilft – das klingt, als wolle man vor allem den Eigenverbrauch decken. Diese Betriebsstrategie minimiert Rückspeisung. Technisch lässt sich das umsetzen, indem der PV-Inverter auf eine feste Einspeisung eingestellt wird oder Überschuss durch einen kleinen Batteriespeicher aufgefangen wird. Acciona erwähnte die Option, in späterer Phase bei fehlender Sonneneinstrahlung via Speicher den Betrieb zu unterstützen.
Schutz vor Überspannung: In die Gesamtanlage müssen Überspannungsschutzeinrichtungen integriert werden, die die DC-Seite der PV bei Blitzschlag ableiten und die AC-Seite vor transienten Spannungen schützen. Die Blitzschutzeinrichtung des Turms (oft Fangspitzen und Ableiter) muss auch die PV-Module einbeziehen. Eventuell sind zusätzliche Funkenstrecken oder Überspannungsableiter an den Moduleinspeisepunkten nötig, um die empfindliche Elektronik zu schützen.
Insgesamt verlief die elektrische Integration in den bisherigen Projekten ohne größere Probleme. Der PV-Teil wird wie ein kleines zusätzliches Kraftwerk am selben Netzanschluss behandelt. Wichtig ist, dass Wind und Solar sich nicht negativ beeinflussen: Das war z.B. ein Grund für Acciona, zunächst nur Hilfsverbraucher zu speisen – so musste man sich um Netzrückwirkungen kaum sorgen. Da aber beide Stromquellen leistungselektronisch entkoppelt sind (Wind über Umrichter bzw. Generator, PV über Inverter), treten keine direkten Kopplungen auf. Die Systeme summieren sich einfach in der Netzbilanz. Mit dem Trend zu Hybridparks (Wind+Solar auf einer Fläche, geteilte Netzanbindung) gibt es ohnehin zunehmende Erfahrung, sodass auch im Mikromaßstab am Turm die Integration machbar ist.

10. Wartungs- und Reinigungsanforderungen
Die dauerhafte Betriebsfähigkeit von PV-Modulen an einem bis zu 100 m hohen Turm stellt besondere Anforderungen an Wartung und Reinigung, da Zugang und Umgebungsbedingungen anspruchsvoll sind:

Zugang und Inspektion: Die meisten Windturbinen verfügen über Steigleitern oder Serviceaufzüge im Inneren. Allerdings befinden sich die PV-Module außen am Turm, wo es normalerweise keine Wartungseinrichtungen gibt. Die Inspektion der Module muss daher entweder per Ferngutachten (z.B. Drohnenflug, Fernglas vom Boden) oder per Seilkletterer/Bühne erfolgen. In den Pilotprojekten wurden Industriekletterer eingesetzt, sowohl zur Montage【53†】 als auch später zur Kontrolle. Denkbar ist, die ohnehin regelmäßigen Turmkletter-Inspektionen (viele Betreiber inspizieren alle paar Jahre den Turmmantel auf Schäden) zu nutzen, um gleichzeitig die PV-Module zu überprüfen. Moderne Hilfsmittel wie Kameradrohnen mit Thermografie könnten auch den Zustand (z.B. Hotspots an den Zellen) erkennen, ohne jedes Modul händisch zu erreichen.
Reinigung: Vertikale Module verschmutzen generell weniger als horizontale, da Regen den Dreck gut abspült. Die PV-Folien sind zudem oft mit antihaft-Beschichtungen versehen, die Schmutzablagerungen minimieren. Trotzdem können sich Staub, Pollen, Salz (in Küstennähe) oder Insektenreste ansammeln. Eine besondere Herausforderung könnten Vogelkot und Rotorschmieröl sein: Vogelsitzplätze gibt es an glatten Türmen kaum, sodass Vogelkot eher auf die Gondel als auf den Turm trifft. Öllecks am Rotor (Schleifring, Pitch) sind selten, aber wenn, könnten ölige Aerosole am Turm kondensieren. In solchen Fällen müssten die Module gereinigt werden, was nur mit erheblichem Aufwand (Kletterer mit Reinigungsequipment oder teleskopische Bürsten vom Boden) möglich ist. Regelmäßige Reinigung ist daher unwirtschaftlich – man wird versuchen, dies zu vermeiden. In den meisten mitteleuropäischen Umgebungen sollten natürliche Niederschläge für ausreichende Reinigung sorgen. Das Dünnschichtmodul-Design hat zudem keinen Rahmen, in dem sich Schmutz ansammeln kann; die Kanten sind versiegelt und bündig.
Wartung der elektrischen Komponenten: Die Wechselrichter und Verkabelung befinden sich vorzugsweise im Turminneren (z.B. am Turmfuß). Diese Komponenten können wie bei jeder PV-Anlage turnusmäßig geprüft werden (Wartung der Wechselrichter laut Hersteller, z.B. alle 5 Jahre Lüfter tauschen etc.). Die Module selbst sind wartungsfrei, solange sie intakt sind. Allerdings ist Alterung ein Punkt: Besonders OPV-Module degradieren schneller als Siliziummodule – Heliatek gibt an, ihre Folien verlören etwa 2–3 % Leistung pro Jahr in den ersten Jahren (danach flacher). Das heißt, nach 10 Jahren könnte ein OPV-Modul nur noch ~80 % Ausgangsleistung haben. Bei Silizium-Leichtbaumodulen dürfte die Degradation geringer sein (typ. <1 %/Jahr). Es ist zu überlegen, ob man nach z.B. 10–15 Jahren die Folien erneuert, falls die Verklebung das zulässt (DAS Energy gibt 10 Jahre Klebegarantie). Ein Austausch würde wieder Kletterer erfordern. Alternativ lässt man die gealterten Module drauf – sie produzieren ja trotzdem noch etwas, und wenn unwirtschaftlich, kann man sie am Ende der Windrad-Lebensdauer entsorgen.
Witterung und Sturm: Windkraftanlagen sind extremen Wetterbedingungen ausgesetzt. PV-Module am Turm müssen daher ebenfalls temperatur- und feuchtigkeitsfest sein. Sie durchlaufen Frost-Tau-Wechsel, Hagelschlag und Orkanböen. Die Module in den Piloten sind auf -40 °C bis +85 °C getestet, hagelresistent und haben die Windlastprüfung (z.B. bis 2400 Pa Druck) bestanden – anderenfalls hätten sie keine IEC-Zulassung erhalten. Eine Besonderheit ist jedoch: Eisansatz. Türme können im Winter vereisen. Wenn Eisbrocken vom Rotor oder Turm fallen, könnten sie die Module beschädigen. In Vereisungsgebieten müsste man prüfen, ob die Module diesem Eisschlag standhalten oder ob sie durch herabfallendes Eis abgedeckt/geschützt werden müssen. Evtl. wäre eine flexible Folie vorteilhaft, da sie etwas nachgibt statt zu splittern. Hierzu liegen noch keine Erfahrungswerte vor. Möglicherweise müsste man in stark vereisenden Regionen auf Turm-PV verzichten, um das Risiko zu minimieren.
Inspektionsintervalle und Monitoring: Es ist ratsam, die PV-Anlage kontinuierlich zu überwachen (Leistungsmessung). So erkennt man sofort, wenn Module ausfallen oder verschmutzt sind (Ertragsabfall). In den Versuchen werden z.B. die Energieerträge gemonitort. Bei größeren Roll-outs könnte man Drohneninspektionen routinemäßig einsetzen. Drohnen können die Modulflächen abfliegen und per Infrarot defekte Zellen identifizieren. Diese Methode hat sich bei Boden-PV bewährt und ließe sich adaptieren.
Zugänglichkeit bei Wartung der WEA: Ein nicht zu vernachlässigender Aspekt: Wenn die Windanlage selbst gewartet oder gestrichen wird, stören die PV-Module möglicherweise. Beispielsweise werden Türme alle ~5–8 Jahre neu lackiert oder Roststellen ausgebessert. Sind Module aufgeklebt, kann man den Turm nicht mehr so einfach streichen. Die Module abzunehmen und wieder anzubringen wäre teuer. Hier könnte man pragmatisch vorgehen: PV-Module decken typischerweise einen Teil des Turms (z.B. mittleres Segment). Man könnte diese Bereiche beim Anstrich aussparen oder nur die freie Fläche streichen. Da die Module selbst UV-Schutz bieten, korrodiert der bedeckte Turmbereich weniger. Nichtsdestoweniger muss man beim Lifecycle-Management des Windrads berücksichtigen, dass der Turm teils „belegt“ ist. Ähnliches gilt für Rissprüfungen: Türme werden auf Risse kontrolliert (visuell oder per Ultraschall). Bereiche hinter PV-Modulen sind dann schwer einsehbar. Eine Lösung kann sein, die Module so anzuordnen, dass kritische Schweißnähte etc. frei bleiben. Letztlich werden Wartungsteams neue Verfahren entwickeln müssen, falls Turm-PV verbreitet wird – eventuell setzen sich modulare Systeme durch, die man bei Bedarf temporär entfernen kann.
Lebensdauer und Austausch: Windturbinen laufen etwa 20–25 Jahre. PV-Module können 30 Jahre halten, bei leichten Modulen ist eher nach 20 Jahren Schluss (Materialermüdung, Delamination). Es ist denkbar, dass PV-Module die Lebenszeit der WEA nicht voll ausschöpfen und vorher ersetzt werden müssen. Hier stellt sich die Frage des Austauschs in großer Höhe. Möglicherweise würde man das im Zuge eines ohnehin nötigen Rotortauschs oder einer Großwartung einplanen, wenn eh ein Kran vor Ort ist. Ansonsten bliebe wieder nur Seilzugang. Recycling der Module muss ebenfalls bedacht werden – aber da es keine Glasrahmen gibt, ist das Recycling eher mit Elektronik-/Folienrecycling vergleichbar.
Abschließend kann man sagen, dass Turm-PV wartungstechnisch mehr Aufwand bedeutet als bodenmontierte PV. Allerdings sind Windparks bereits mit Wartungslogistik ausgestattet (Techniker, Kletterer, Drohneninspektion). Die zusätzlichen Anforderungen – regelmäßige Sichtprüfung der Module, ggf. punktuelle Reinigung – können in diese Abläufe integriert werden. OPV-Hersteller werben damit, dass ihre Module geringere Wartungskosten verursachen, was sich auf die einfache Klebemontage und den Wegfall schwerer Unterkonstruktionen bezieht. In der Realität wird man jedoch erhöhten Wartungsaufwand gegenüber einem nackten Turm einplanen müssen. Dieser dürfte aber im Vergleich zur Gesamtersparnis (Eigenstrom etc.) nicht prohibitiv sein, solange die Module zuverlässig halten. Die bisherigen Pilotanlagen liefen ohne Zwischenfälle – es wurden keine Schäden oder Ablösungen gemeldet. Ein organisatorischer Lerneffekt: In Österreich stellte man fest, dass bei Temperaturen unter 10 °C das Verkleben schwierig ist – folglich plant man solche Arbeiten besser in warmen Monaten ein. Solche praktischen Erfahrungen helfen, die Wartung langfristig zu optimieren.

11. Kooperationen zwischen Wind- und Solarindustrie
Die Idee, Wind- und Solarenergie zu verbinden, spiegelt sich auch in neuen Partnerschaften und Initiativen wider. Die noch junge Nische der Turm-PV profitiert von Akteuren aus beiden Branchen, die zusammenarbeiten:

Acciona & Heliatek (Spanien/Deutschland): Das Pilotprojekt in Albacete entstand durch die Zusammenarbeit des Turbinenherstellers/Betreibers Acciona (bzw. dessen deutsche Tochter Nordex) mit dem OPV-Hersteller Heliatek (Dresden). Heliatek bezeichnet die Installation an der Acciona-Windanlage als „bahnbrechend“ und Meilenstein für organische PV. Für Heliatek eröffnen Windtürme ein neues Marktsegment; Acciona wiederum kann seine Windräder technologisch aufwerten. Diese Kooperation wurde 2019 publik gemacht und geht vermutlich weiter – beide Firmen haben ein Interesse, die Performance zu analysieren und eventuell zur Marktreife zu bringen. Es ist denkbar, dass Nordex/Acciona bei zukünftigen Anlagen optional Heliatek-Folien als Feature anbieten könnte, sofern die Tests erfolgreich sind.
Energie Burgenland & DAS Energy (Österreich): Hier kam der Impuls vom Energieversorger, der eine lokale PV-Innovation integrieren wollte. DAS Energy produzierte bereits flexible Module für Dächer und zeigte mit dem Windrad-Projekt einen Showcase. Die beiden Unternehmen haben angekündigt, die Ergebnisse auszuwerten und ggf. weitere Türme auszurüsten. Diese Kooperation hat auch Signalwirkung in der Region – es wurde von Politik und Medien aufmerksam verfolgt, was anderen Windparkbetreibern Mut macht, sich mit PV-Herstellern kurzzuschließen.
WestfalenWIND & Partner (Deutschland): Die Firma WestfalenWIND (Paderborn) hat als Windparkentwickler ein Projekt vorangetrieben, ungenutzte Windparkflächen für PV zu nutzen (Projekt SunWind). Dabei wurden zwar neben den Türmen PV-Anlagen gebaut, aber im Zuge dessen gab es Austausch mit Modulherstellern. WestfalenWIND sprach 2020 davon, auch Turmintegrationen prüfen zu wollen, sobald rechtlich möglich. Mögliche Partner könnten hier deutsche Dünnschicht-Hersteller oder BIPV-Spezialisten sein. Offizielle Kooperationen wurden aber noch nicht gemeldet.
Branchenübergreifende Initiativen: Auf Verbandsebene (BWE, BSW) ist die Kombination Wind+Solar ein Thema. Es gibt Forschungsprojekte, z.B. vom BMWK („PV-Wind-Symbiose“), die untersuchen, wie kombinierte Anlagen das Netz stabilisieren können. Auch EU-Förderprojekte wie „Hybrit Energy“ betrachten die sektorübergreifende Nutzung von Infrastruktur. Zwar geht es oft um Wind+Solar-Farmen, nicht spezifisch um Turm-PV, aber die Akteure überschneiden sich. So sitzen in solchen Konsortien sowohl Windanlagenbauer als auch PV-Firmen.
Hersteller-Initiativen: Windturbinenhersteller selbst könnten künftig Turm-PV integrieren. Enercon etwa, der für unkonventionelle Konzepte offen ist (z.B. Beton- und Holztürme), könnte modulare Dünnschicht-Paneele in seine Hybridtürme integrieren. Bisher ist das nicht Serie, aber es gab interne Studien bei Herstellern, wie sich Windräder als „Hybridkraftwerke“ positionieren lassen. GE und Siemens Gamesa fokussieren zwar eher auf Leistungserhöhung der Turbinen, doch im Zuge der Nachhaltigkeitsstrategien (Stichwort Carbon-neutrality) könnte Turm-PV interessant werden, um den Eigenbedarf der Anlagen zu decken und die Gestehungskosten pro kWh minimal zu senken. Vestas hatte 2021 angekündigt, verstärkt auf Hybridparks zu setzen – eine Integration am Gerät selbst wurde jedoch nicht öffentlich erwähnt.
Forschungskooperationen: Institute wie das Fraunhofer IEE, IWES oder das DLR beobachten diese Entwicklung. Es ist denkbar, dass in naher Zukunft geförderte Demonstratoren in Deutschland entstehen, getragen von Konsortien (z.B. ein Windanlagenbauer, ein PV-Produzent und eine Hochschule). Die Förderlandschaft (BMU, BMWK) bietet Rahmen für solche Projekte unter Themen wie „Sektorkopplung“ oder „Integrierte erneuerbare Systeme“. Bisher floss ein Großteil der Mittel in Hybridparks auf gesonderten Flächen, aber mit dem Erfolg der ersten Auslandsprojekte könnte auch hierzulande Interesse geweckt werden.
Industrieübergreifendes Produktentwicklung: Einige Zulieferer denken bereits mit – z.B. Klebstoffhersteller (wie Innotech, dessen Kleber in Österreich verwendet wurde) oder Oberflächenspezialisten. Eine mögliche Initiative ist, Turmsegmente mit integrierter PV-Beschichtung herzustellen. Hier könnten sich z.B. Turmbauer (wie Max Bögl oder KTA) mit PV-Folienproduzenten zusammentun, um vorgefertigte „Solar-Turmelemente“ zu entwickeln. Solche Gespräche sind vertraulich, aber angesichts des Wachstumsdrucks der Erneuerbaren durchaus wahrscheinlich.
Zusammengefasst entsteht rund um das Thema Wind+Solar-Hybrid ein Netzwerk aus Firmen und Projekten. Die Windindustrie und die Solarindustrie waren lange getrennte Sphären; nun erkennen beide, dass Kooperation Vorteile bringt: Die Solarbranche erschließt neue Flächen (Windtürme, Windparkareale) und die Windbranche kann ihre Anlagen effizienter und vielseitiger machen. Aktuelle Kooperationen wie Acciona-Heliatek oder Energie Burgenland-DAS Energy fungieren als Türöffner. Sollte sich die Machbarkeit bestätigen, ist anzunehmen, dass größere Partnerschaften folgen – z.B. eine strategische Allianz eines WEA-Großherstellers mit einem Dünnschicht-PV-Produzenten. Solche Synergien könnten durch gemeinsame Standards (z.B. normierte Turm-PV-Panels) und geteilte Erfahrungen schnell zum Tragen kommen.

Nicht zuletzt unterstützen auch politische Akteure diese Vernetzung: In NRW lobte der Landesverband Erneuerbare Energien das Vorhaben, Wind- und Solarenergie auf derselben Fläche zu bündeln. Dieses „Doppelt nutzen“ wird als wichtiger Schritt für die Energiewende gesehen. Daher ist zu erwarten, dass Wind und Solar als Team künftig häufiger auftreten – sei es durch Hybridparks oder tatsächlich physisch integrierte Anlagen. Die Kooperationen, die jetzt geschmiedet werden, legen den Grundstein dafür, dass ein Windrad in Zukunft nicht mehr nur drei Rotorblätter hat, sondern auch einen glitzernden Solarmantel trägt.

Quellen: Die im Bericht enthaltenen Informationen wurden aktuellen Fachartikeln, Projektberichten und Normenhinweisen entnommen, u.a. Branchenmeldungen der Jahre 2019–2024. Alle Quellenangaben sind durchnummeriert und direkt im Text verlinkt, um Nachprüfbarkeit zu gewährleisten. Beispielsweise verweist 【27】 auf eine News des IWR zu Accionas PV-Wind-Projekt, 【20】 auf einen Bericht der ZfK, etc. Diese belegen die gemachten Aussagen zu Maßen, technischen Details, rechtlichen Zitaten und Praxisbeispielen.